Das Schloss   Blick zurück auf die Debatte
Sonderseite in der Braunschweiger Zeitung vom 29.12.2006
 
[Die Artikel wurden nicht in Newsclick eingestellt. Anmerkungen und Verkürzungen sind in eckigen Klammern gesetzt.]

Fast ebenso heftig wie der Streit um den Bau des Einkaufszentrums Schloss-Arkaden und die Schloss-Rekonstruktion tobte der Streit um die Worte. Darf das Schloss "Schloss" genannt werden? Wir dokumentieren den Weg der kontroversen Debatte.

[Unter diesen einleitenden Worten sind auf der Sonderseite drei Beiträge zusammengefasst.]

"Schloss" und der Kampf der Wörter
von Paul-Josef Raue

[...] Was in Braunschweig im Krieg zerstört und nach dem Krieg abgerissen wurde, war ein Schloss, unzweifelhaft. Warum sollte ein Gebäude an derselben Stelle und mit demselben Grundriss, rekonstruiert und mit Nebengebäuden [vermutlich meint Herr Raue damit das Parkhaus und den Haupteil der Einkaufsfläche] ergänzt, nicht auch "Schloss" genannt werden? [...]
Doch der Kampf um das neue Gebäude am Bohlweg [Anmerkung: man sieht es nicht nur vom Bohlweg] wurde schnell zum politischen Kampf um Worte. [...]
In einem hatten die Kritiker recht, wenn sie das Wort "Schloss" verteufelten. In politischen Kämpfen spielen Gefühle eine starke Rolle. Und 'Schloss' weckt bei den meisten Menschen, un noch mehr bei den Braunschweigern, ein wohliges, gar romantisches Gefühl [...]. Die Schloss-Gegner [Anmerkung: davon gab es nicht viele, die meisten Gegner waren Schlossparkfreunde] erhofften sich somit in der öffentlichen Debatte mehr Chancen, wenn sie gegen ein riesiges Einkaufzentrum kämpften als gegen das neue Schloss. [...] Der Streit war sachlich nicht zu entscheiden, es war ein reiner Streit um Meinungen. [Anmerkung: Nein, es war ein Kampf darum, dass Fakten genannt wurden.]
Gegen das "Schloss" sprach:
  • Es ist mit dem Einkaufszentrum, das massig erscheint, verbunden.
  • Sogar der Eingang des Schlosses ist gleichzeitig [?] der Eingang zum Center.
  • [...]
    Für das "Schloss" sprach:
  • Es entsteht auf demselben Grundriss, es hat fast dieselbe Masse [Anmerkung: gemessen in kg?] wie das alte Schloss, es wird überwiegend mit den alten Materialien gebaut [Anmerkung: Beton].
  • Es wird nur zum kleinen Teil als Ladenfläche genutzt [Anmerkung: Im Untergeschoss komplett, im Erdgeschoss zu mehr als 50%, im 1. Stock zu ca. 50%, im 2. Stock und unter dem Dach befinden sich keine Ladenflächen] - und es sieht anders aus als das Einkaufszentrum. [Anmerkung: Den Eindruck hat man nicht, wenn man sich die Werbung von ECE für die Schloss-Arkaden anschaut.]

  • Nur - eindeutig ist kein Wort, jedes Wort ist eine Interpretation. Und jeder hat Recht.


    Gastkommentar
    Die Suggestivkraft des "Schlosses" wurde genutzt
    Dr. Michael Kaps für die "Schlossparkfreunde"

    [Stellungnahme der Schlossparkfreunde wurde gekürzt um die Internet-Adresse dieser Website]


    Zwölf Beschwerden beim Deutschen Presserat
    von Sebastian Lange

    [Der Artikel gibt einen Überblick über die Presserat-Beschwerden zu dem Wort "Schloss".]
    Fall 1 - 3: Herbst 2004 - Drei Leser beschweren sich: "Die Braunschweiger Zeitung erweckt den Eindruck, es sollen zwei Gebäude gebaut werden, ein Kaufhaus und ein Schloss. Er gibt nur Planungen für ein Gebäude."
    Der Presserat folgt der Beschwerde und rügt: "Die Braunschweiger Zeitung hat immer wieder von einer Rekonstruktion und einer Kopie des Schlosses gesprochen. Das ist aus Sicht des Presserats falsch und für den Leser irreführend, weil die geplante Wiederherstellung eines eher zweidimensionalen Bauobjekts tatsachenwidrig als dreidimensionaler Baukörper dargestellt wird."
    Unsere Zeitung druckt im März 2005 die Rüge ab [...] und stellt die Auffassung der Redaktion dagegen, welche die Entscheidung für falsch hält.
    Fall 4 - 6: Mai bis Juli 2005 - Drei Leser beschweren sich unter anderem über die Verwendung des Wortes "Schlossrekonstruktion" in unseren Artikeln. Der Presserat beurteilt die Beschwerden als "offensichtlich unbegründet" - weil die Redaktion nur Zitate verwandt hatte [...].
    Fall 7: Februar 2006 - Ein Leser beschwert sich über die Wortwahl in einem Artikel: "Wiederaufbau des historischen Schlosses".
    Der Presserat gibt dem Leser Recht [... dennoch sieht er] keinen gravierenden Verstoß, denn: "Die Zeitung hat die Diskussion um die Rüge des Presserats und die Verwendung von Begriffen wie 'Kopie' und 'Rekonstruktion' ausführlich geführt und dokumentiert. [Nur wo, bleibt ungesagt.]
    Fall 8 - 9: Juli 2006 - Während des Oberbürgermeister-Wahlkampfs verwirft der Presserat zwei Beschwerden: "Der Begriff 'Schloss' kann durchaus als Synonym für das Projekt 'Einkaufszentrum Schlosspark' verwendet werden." [Einkaufsschloss, gerade das gefiehl doch OB und CDU so gar nicht!]
    Fall 10: August 2006 - Ein Leser beschwert sich über einen Artikel im Lokalteil Peine, in dem wir über [...] Ackers schreiben: "Bereits die künftige Gestaltung der Braunschweiger Innenstadt im Zuge von ECE-Center und Wiederaufbau des Schlosses trägt seine Handschrift."
    Der Presserat verwirft die Beschwerde: "Nach unserer Auffassung ist mittlerweile die Diskussion über diese Begrifflichkeiten ausführlich geführt worden. [Wo?] Der Leser kann die Formulierung somit im Lichte dieser Diskussion beurteilen. [und als falsch einstufen?]"
    Zwei Beschwerden aus dem Herbst sind noch nicht entschieden.

    http://www.schlosspark-braunschweig.de